Der dbb hat erneut Verfassungsbeschwerde gegen das umstrittene Tarifeinheitsgesetz (TEG) eingelegt. Durch die „Nachbesserung“ des TEG Ende 2018 habe sich ein neuer Sachverhalt ergeben, argumentiert der gewerkschaftliche Dachverband der DPVKOM, der das Gesetz von Beginn an als widerrechtlichen Eingriff in die Koalitionsfreiheit bekämpft hat.
„Die vermeintliche Nachbesserung, die die Große Koalition kurz vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist Ende letzten Jahres noch schnell durchs Parlament gemogelt hat, hätte natürlich wirklich Abhilfe schaffen können. Tatsächlich jedoch ändert sich an der fatalen Beschneidung tarifautonomer Rechte nichts. In mancherlei Hinsicht verschlechtert das Gesetz in seiner neuen Form die Situation sogar noch“, machte dbb Chef Ulrich Silberbach anlässlich der Einreichung der neuerlichen Verfassungsbeschwerde am 13. März 2019 deutlich.
Allein das intransparente Gesetzgebungsverfahren sei geeignet, den dbb in seinen Rechten zu beschneiden. Das Bundesverfassungsgericht hatte ausdrücklich auf Transparenz eines demokratischen Verfahrens gesetzt. Sowohl durch das „gehetzte Durchpeitschen“ des Gesetzes in allerkürzester Zeit als auch durch die nichterfolgte Beteiligung der betroffenen Gewerkschaften und das „Segeln unter falscher Flagge“ seien Öffentlichkeit und die betroffenen Gewerkschaften gleichsam ausgeschaltet worden, kritisierte Silberbach. „Eine Frage von so hoher Tragweite wie die zwangsweise Herstellung einer Tarifeinheit sollte nicht in einem Anhang zu einem Gesetz beschlossen werden, das mit diesem Gegenstand nicht das Geringste zu tun hat. Und die vorgesehene Mini-Korrektur ist überhaupt keine Lösung. Sie hat letztlich nur die Übergangsvorschrift aus Karlsruhe mit Verschlechterungen fortgeschrieben. Dazu gehört, dass die vom Gericht in Auftrag gegebene Regelungsaufgabe an den Gesetzgeber einfach auf die Sozialpartner abgewälzt wurde. Der Gesetzgeber hat es damit komplett versäumt, Vorkehrungen zu treffen, wenn die Rechte der Minderheitsgewerkschaft nicht gewahrt bleiben. Außerdem bleibt im Dunklen, welche konkreten Rechte von der Schutzregelung überhaupt umfasst sein sollen“, so Silberbach weiter. „Wir bleiben daher bei unserer Position, dass die Tarifautonomie weder das ursprüngliche Gesetz noch die misslungene Korrektur gebraucht hätte. Wir setzten weiter auf freiwillige Kooperation von Gewerkschaften und werden das Gesetz, das massiv in ein elementares Grundrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingreift, weiterhin mit allen Mitteln bekämpfen“, unterstrich der dbb Bundesvorsitzende. Verfahrensbevollmächtigter des dbb vor dem Bundesverfassungsgericht sei ebenso wie im Rahmen der ersten TEG-Verfassungsklage der renommierte Arbeitsrechtlicher Prof. Dr. Wolfgang Däubler, erklärte Silberbach.
Auch dbb Tarifchef und DPVKOM-Ehrenvorsitzender Volker Geyer betonte die Entschlossenheit des dbb in Sachen Eingriff in die Koalitionsfreiheit: „Wir werden diesen Kampf bis zum Ende ausfechten. Das TEG benachteiligt bestimmte Gewerkschaften und ist deshalb ebenso verfassungswidrig wie undemokratisch. Im Bereich des öffentlichen Dienstes ist es, egal ob alte oder neue Fassung, wegen des unklaren Betriebs-Begriffs noch weniger anwendbar als in der Privatwirtschaft, und mit der Verlagerung der Tarifpolitik auf die Betriebsebene wird die Idee des Flächentarifs gänzlich zerschossen. Das ist ein Irrweg, und mit unserer erneuten Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe wollen wir endlich eine Umkehr erreichen“, so Geyer.