Viele Beschäftigte von Post, Telekom, Postbank und Call-Centern leisten in diesen außergewöhnlichen und schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie eine herausragende Arbeit, sei es in den Betriebsstätten, im Homeoffice, im Kundendienst oder aber bei der Zustellung. Dafür gebührt ihnen allen ein großes Dankeschön.
Gleichzeitig haben viele von ihnen Sorgen um ihre Gesundheit, aber auch um ihren Arbeitsplatz, und wenden sich mit ihren Fragen an die Fachgewerkschaft DPVKOM.
Im Folgenden beantwortet die DPVKOM die am häufigsten gestellten Fragen und informiert über arbeitsrechtliche Aspekte der Corona-Krise:
1. Ich befürchte mich mit dem Corona-Virus infiziert zu haben. Was ist zu tun?
Haben Sie den Verdacht, sich mit dem Corona-Virus angesteckt zu haben – etwa, weil Sie zum Beispiel in Kontakt mit einer Person waren, bei der eine Infektion festgestellt wurde, dürfen Sie grundsätzlich der Arbeit fernbleiben und bekommen trotzdem Ihr Entgelt ausgezahlt, da ein sogenannter vorübergehender persönlicher Verhinderungsgrund (§ 616 S.1 BGB) vorliegt, soweit dies nicht durch Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde. Dieser Verhinderungsgrund liegt unter anderem bei einem medizinisch notwendigen Arztbesuch vor, wenn dieser nur während der Arbeitszeit erfolgen kann. Ist zur medizinischen Abklärung eines Corona-Verdachts das Fernbleiben von der Arbeit nötig, muss der Arbeitgeber unverzüglich über das Fernbleiben von der Arbeit informiert werden. Bitte beachten Sie auch die öffentlich zugänglichen Hinweise der Ärzte und Gesundheitsbehörden an Ihrem Wohnort, wie man mit Verdachtsfällen umgehen sollte. Zumeist soll zunächst eine telefonische Information erfolgen und nicht direkt die Arztpraxis aufgesucht werden. Sie lassen sich dann vom Arzt oder einer anderen aufgesuchten Stelle schriftlich bestätigen, dass eine medizinische Indikation für die Untersuchung bestand. Zur Angabe des genauen Grundes des Arztbesuches – also der aufzuklärenden Erkrankung – sind Sie Ihrem Arbeitgeber gegenüber nicht verpflichtet.
2. Mein Arzt / meine Ärztin vermutet bei mir den Corona-Virus oder hat diesen bereits diagnostiziert. Schulde ich meinem Arbeitgeber eine Information darüber?
Es gibt grundsätzlich keine Pflicht, dem Arbeitgeber oder den Arbeitskollegen die ärztliche Diagnose offenzulegen. Der beziehungsweise die Beschäftigte ist lediglich verpflichtet, dem Arbeitgeber die eigene Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und ihre voraussichtliche Dauer mittels Attest nachzuweisen. Es steht Ihnen natürlich frei, Ihrem Arbeitgeber und den Kollegen trotzdem den Grund Ihrer Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, zum Beispiel, um sie zu warnen. Zudem unterliegt eine Vielzahl der gefährlichen und ansteckenden Krankheitserreger – darunter Masern, Polio, Hepatitis B oder Influenza und seit Kurzem auch der 2019-nCov, also der neue Corona-Virus – nach dem Infektionsschutzgesetz der behördlichen Meldepflicht. Das bedeutet, dass bei einer Diagnose eines dieser Erreger, der Arzt beziehungsweise die Ärztin unverzüglich unter Angabe von persönlichen Daten der/des Erkrankten dies dem zuständigen Gesundheitsamt mitteilen muss. Dieses verfügt über weitreichende Kompetenzen, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Erkrankung – darunter auch im Betrieb des Arbeitgebers – einzuleiten. Nach der kürzlich verabschiedeten Corona-Meldeverordnung müssen die Ärzte nicht nur die tatsächlichen Erkrankungsfälle von Corona, sondern auch Verdachtsfälle den zuständigen Behörden melden.
3. Was bedeutet es für mich, wenn es in meinem Betrieb einen bestätigten Corona-Fall gibt?
Das weitere Vorgehen liegt in einem solchen Fall in den Händen der zuständigen Aufsichtsbehörden, das sind in diesem Fall die Gesundheitsämter der Länder. Jeder Corona-Fall wird den Behörden gemeldet und sie leiten die weiteren Untersuchungen und Maßnahmen – auch in den Betrieben der Infizierten – ein. Daneben kann auch der Arbeitgeber im rechtlich zulässigen Rahmen Maßnahmen ergreifen.
4. Darf mein Arbeitgeber mich nach Hause schicken, wenn er vermutet, dass ich an Corona erkrankt bin?
Hat der Arbeitgeber begründete Anhaltspunkte, anzunehmen, dass der Beschäftigte an Corona erkrankt ist, darf er zum Schutz des Betroffenen und der restlichen Belegschaft diesen zur Genesung nach Hause schicken. In diesem Fall kann er natürlich keine Arbeit von Zuhause aus verlangen. Bei Arbeitsunfähigkeit besteht insoweit ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG).
5. Mein Unternehmen leidet massiv unter den Auswirkungen des Corona-Virus und möchte daher bestimmte Teilbereiche ganz oder teilweise schließen? Ist das zulässig und welche Folgen hat das für meinen Lohn?
Entschließt sich ein Arbeitgeber aus freien Stücken sein Unternehmen vorübergehend teilweise zu schließen, muss er dann aber auch in diesem Fall das Entgelt weiterzahlen (§ 615 BGB) und darf ohne ausdrückliche Vereinbarung auch hier nicht auf die Stundenkonten der Beschäftigten zurückgreifen. Arbeitnehmer/innen einfach nach Hause schicken, ohne Lohn zu zahlen, darf der Arbeitgeber nicht. Vielmehr trägt der Arbeitgeber das sogenannte Betriebs- und Wirtschaftsrisiko, auch bei unrentabler Beschäftigung (§ 615 S. 3 BGB).
In der augenblicklichen Situation können Unternehmen aber dann, wenn sie – zum Beispiel auch durch Maßnahmen wie den Abbau von Überzeit- beziehungsweise Erholungsurlaubsansprüchen der Beschäftigten – vergeblich versucht haben, den Arbeitsausfall abzuwenden oder einzuschränken, nach einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Betriebsrat (Betriebsvereinbarung) oder einer Gewerkschaft (Tarifvertrag) auf das Instrument der Kurzarbeit zurückgreifen und die Entgeltausfälle über das Kurzarbeitergeld abfedern.
Diese Leistung muss vom Arbeitgeber gegenüber der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden. Die Bundesregierung hat aktuell im Eilverfahren die Regelungen für die Kurzarbeit verändert, die mit dem 1. April 2020 in Kraft getreten sind. Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist hierbei, dass die üblichen Arbeitszeiten verringert sind, wobei nunmehr nur noch 10 Prozent der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen sein muss.
6. Erhalte ich auch Kurzarbeitergeld, wenn ich befristet beschäftigt bin?
Da es sich im Falle des Auslaufens einer Befristung nicht um eine Kündigung im Rechtssinne handelt, gilt ein befristet Beschäftigter auch nicht als gekündigt, wenn das Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit ausläuft und hat somit grundsätzlich Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum letzten Tag der Befristung.
7. Wie lange besteht der Anspruch auf Kurzarbeitergeld?
Kurzarbeitergeld kann bis zum Ablauf von zwölf Monaten seit dem ersten Kalendermonat gewährt werden, für den es gezahlt wird.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) kann bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem gesamten Arbeitsmarkt diese Bezugsdauer auf bis zu 24 Monate verlängern.
8. Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Die Höhe des Kurzarbeitergeldes richtet sich nach dem pauschalierten Nettoentgeltausfall im Anspruchszeitraum (Kalendermonat). Das ist der Unterschiedsbetrag (die Nettoentgeltdifferenz) zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Soll-Entgelt und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt
Das Kurzarbeitergeld wird in zwei verschieden hohen Leistungssätzen ausgezahlt:
- 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz für Arbeitnehmer/-innen, die mindestens ein Kind im Sinne des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitnehmer/innen, deren Ehegatte/deren Ehegattin mindestens ein Kind im Sinne des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben;
- 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz für die übrigen Arbeitnehmer -innen
Soll-Entgelt ist das Bruttoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin ohne den Arbeitsausfall im Kalendermonat bei Vollarbeit erzielt hätte.
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt und Entgelt für Mehrarbeit sind hierbei nicht zu berücksichtigen. Im Falle einer vorübergehenden Beschäftigungssicherungsvereinbarung ist das Soll-Entgelt nach dem Entgelt zu bestimmen, das ohne diese Vereinbarung geschuldet wäre.
Ist-Entgelt ist das im jeweiligen Kalendermonat erzielte Bruttoarbeitsentgelt zuzüglich aller zustehenden Entgeltanteile (einschließlich der Entgelte für Mehrarbeit). Einmalig gezahlte Arbeitsentgelte bleiben außer Betracht.
Das Soll- und das Ist-Entgelt wird auf den nächsten durch 20 teilbaren Euro-Betrag gerundet.
Das pauschalierte monatliche Nettoentgelt wird ermittelt, indem das gerundete Soll- und das gerundete Ist-Entgelt um folgende pauschalierte Abzüge vermindert wird:
- Sozialversicherungspauschale in Höhe von 20 v.H.
- Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse
- Solidaritätszuschlag
9. Welche Folgen hat es, wenn ich persönlich unter Quarantäne stehe, ohne bereits selbst erkrankt zu sein, etwa, weil ich Kontakt zu Corona-Infizierten hatte?
Personen, die unter amtlich angeordneter Quarantäne stehen oder dem sogenannten beruflichen Beschäftigungsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz unterliegen, sind von ihrer Arbeitsverpflichtung befreit.
Grundsätzlich schuldet in diesem Fall der Arbeitgeber seinen Beschäftigten weiterhin die Vergütung, da sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der eigenen Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert ist (§ 616 S. 1 BGB). Die Rechtsprechung geht hier von einem Zeitraum von bis zu sechs Wochen aus (Urteil des Bundesgerichtshofes vom 30.11.1978, Az. III ZR 43/77).
Diese Lohnfortzahlungspflicht nach § 616 BGB des Arbeitgebers kann aber durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder reduziert werden, zumal umstritten ist, ob der persönliche Verhinderungsgrund auch dann greift, wenn der Grund für die Verhinderung eine Epidemie und damit ein außerhalb der persönlichen Sphäre des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin liegendes Ereignis ist, das mehrere Personen betrifft.
Sollte man aber aus den vorgenannten Gründen bei einer juristischen Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass kein Anspruch auf Vergütungszahlung gegenüber dem Arbeitgeber besteht, greift als Ersatz der Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat nach § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz. Hiernach tritt der Arbeitgeber in Höhe der Lohnsumme in Vorleistung, kann aber die Erstattung der Entschädigung bei der zuständigen Behörde beantragen, so dass im Ergebnis ein Beschäftigter, der in Quarantäne steht, ohne erkrankt zu sein, sein Gehalt bezahlt bekommt.
10. Kann ich bewilligten Urlaub zurücknehmen, zum Beispiel, weil aufgrund der Corona-Pandemie eine geplante Reise nicht durchgeführt werden kann?
Die Tatsache, dass eine geplante Reise nicht möglich ist oder auch ansonsten Erholungsurlaub subjektiv nicht den gewünschten Effekt erzielen kann, gibt Ihnen leider kein Recht, den bereits bewilligten Urlaub zurückzufordern. Der Arbeitgeber schuldet Ihnen bezahlte Freistellung von der Arbeit, verantwortet aber nicht, wenn Sie Ihren Urlaub nicht wie geplant verbringen können. Ein “Stornierungsrecht“ gibt es nicht. Sie sind also hier auf Kulanz Ihres Arbeitgebers angewiesen.
11. Wenn sich ein Arbeitnehmer infiziert hat und positiv getestet wurde, muss der Arbeitgeber dann die Kollegen/Kolleginnen darüber informieren, um welche Person es sich handelt?
Grundsätzlich schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber keine Information über die Gründe seiner Arbeitsunfähigkeit – dieser Grundsatz gilt auch bei Corona. Ein Arbeitgeber, der von einer Corona-Infektion in seinem Betrieb erfährt, weil ihn der Beschäftigte von sich aus darüber informiert hat, ist allerdings verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die restliche Belegschaft vor Ansteckung zu schützen. Welche Maßnahmen das sind und ob die Belegschaft über die Person des Infizierten erfahren soll, hängt stark vom Einzelfall ab. Deshalb sollten Arbeitgeber hier am besten im engen Austausch mit den Gesundheitsbehörden handeln. Dabei muss eine Stigmatisierung der/des infizierten Beschäftigten verhindert werden.
12. Ich gehöre aufgrund meiner Vorerkrankung/meiner chronischen Erkrankung zu der Risikogruppe. Deshalb ist meine Befürchtung, mich mit dem Corona-Virus anzustecken, besonders groß. Muss ich trotzdem zur Arbeit und falls ja: Welche Schutzmaßnahmen darf ich von meinem Arbeitgeber verlangen?
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die arbeitsfähig sind und deren Betrieb arbeitet, sind grundsätzlich verpflichtet, zur Arbeit zu erscheinen. Was aber konkret gemacht werden muss, um die Risikogruppen zu schützen, kann nicht pauschal beantwortet werden. Bei einer Pandemie sind aufgrund der Übertragungswege, Beschäftigte je nach Tätigkeitsbereich unterschiedlich stark betroffen. Oft kennt der Arbeitgeber die Vorerkrankungen seiner Beschäftigten nicht und braucht sie auch nicht zu kennen. Jedoch ist er nach Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung möglichst vermieden oder geringgehalten wird.
Im Idealfall sollte sich daher der Arbeitgeber gemeinsam mit dem Betriebsrat, mit den vom Arbeitgeber beauftragten Fachkräften für Arbeitssicherheit und den Betriebsärzten über die Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Beschäftigte verständigen.
13. Welche Vorsorgemaßnahmen muss mein Arbeitgeber ergreifen, um mich vor Corona zu schützen? Welche Möglichkeiten haben Betriebsräte diesbezüglich?
Der Arbeitgeber hat gegenüber seinen Beschäftigten eine arbeitsvertragliche Schutz- und Fürsorgepflicht. Deshalb muss er dafür sorgen, dass Erkrankungsrisiken und Gesundheitsgefahren im Betrieb so gering wie möglich bleiben. Je nach Art des Betriebes – etwa in einem Betrieb mit viel Kundenkontakt – kann aus der Schutzpflicht eine konkrete Verpflichtung, zum Beispiel Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen, folgen. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet, ihre Beschäftigten in Bezug auf die einzuhaltenden Hygienemaßnahmen und Schutzvorkehrungen zu unterweisen. Das bedeutet, dass den Beschäftigten erklärt werden muss, wie sie Ansteckungsrisiken minimieren. Sie können zum Beispiel zum regelmäßigen Händewaschen angehalten werden.
Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat oder Personalrat, sind solche Hygieneanweisungen seitens des Arbeitgebers, die in aller Regel Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb berühren, nach § 87 Nr.1 und Nr. 7 BetrVG und § 75 Abs. 3 Nr. 11 und 15 BPersVG mitbestimmungspflichtig. Der jeweiligen Interessenvertretung ist daher zu empfehlen, sehr schnell gemeinsam mit dem Arbeitsschutzausschuss nach § 11 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) die Gefährdungslage im Betrieb zu beraten. Die gemeinsame Sitzung sollte dazu genutzt werden, um die Reihenfolge und Arbeitsteilung zu Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung, Betriebsanweisung, genereller Information und möglichen Maßnahmen (persönliche Schutzausrüstungen) zügig in Gang zu setzen.
Weitere Informationen:
DPVKOM beantwortet Fragen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie (Thema Kinderbetreuung)